06.07.2022 / Agenda Wieden

Wer war schon mal auf Exkursion in Tulln?

Wen kümmern die Stadtbäume in der Gartenstadt Tulln?

Wenn der Leiter des Grünraummanagements der Stadt Tulln vom Tourismusbüro für eine Führung vermittelt wird, dann – aufmerksame Leser*innen unseres Blogs werden es schon ahnen – hat die Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“ ihre Finger im Spiel. Die meisten Besucher*innen kommen nach Tulln wegen den bekannten Schaugärten der „Garten Tulln“, nicht so die Agenda-Aktiven aus dem vierten Bezirk. Sie möchten im Rahmen ihrer jährlichen Exkursion etwas anderes Kennenlernen. Ihr spezielles Interesse gilt schon seit langem den reguläreren Formen des Grüns im Siedlungsgebiet: den Stadtbäumen und Beeten im öffentlichen Raum.

Dass sich engagierte Bürger*innen ums Stadtgrün kümmern, erfreut Mario Jaglarz sichtlich. Er ist seines Zeichens hauptamtlicher Kümmerer des öffentlichen Grüns in Tulln. Gemeinsam mit 32 Gärtner*innen hat er alle Hände voll zu tun, um die 14.000 Bäume und zahlreichen Grünanlagen in der Verantwortung der Stadt zu bepflanzen und zu pflegen.

 

 

Wie wär’s mit einer digitale Gießkanne?

Vor dem Hintergrund der Klimakrise ist die Pflege eine Herausforderung: so wird es etwa nicht nur wärmer, sondern es gibt auch Veränderungen im Niederschlag. Rund 1/6 weniger Regen sei dieses Jahr gefallen, erzählt der Stadtgärtner. Bewässerung wird daher immer wichtiger, und dabei geht man in Tulln durchaus innovative Wege. Dort wo möglich/sinnvoll wird automatische Bewässerung installiert, die digital steuerbar ist. Dafür wurde ein sogenanntes LoRaWAN Netzwerk aufgebaut. Die Abkürzung steht für Long Range Wide Area Network und bedeutet bzw. ermöglicht ein energieeffizientes Senden von Daten über lange Strecken. Ein spezielles WLAN sozusagen, das mit wenig Stromverbrauch zur Vernetzung verwendet werden kann. Über das Netzwerk bekommt Jaglarz und sein Team mittels Handy-App Zugriff auf Sensordaten, welche die Bodenfeuchte melden, und Steuerungselemente für die Bewässerung – eine digitale Gießkanne, sozusagen.

 

 

Wer kennt die Tullner Mischung?

Damit die Tullner Stadt- und Straßenbäume möglichst lang etwas vom ihnen zukommenden Wasser haben, wird bei den rund 200 Neupflanzungen pro Jahr besonders auf das Substrat geachtet. Die 2m x 2m x 1,5m fassenden Pflanzlöcher werden mit einem eigens entwickelten Substrat aufgefüllt – der sogenannten Tullner Mischung. Das genaue Mischverhältnis und die unterschiedlichen Bestandteile, die viel Hohlraum für die Speicherung des Wassers bieten, sind geheim, erklärt der Stadtgärtner augenzwinkernd.

 

 

Was ist ein Baumkunstwerk?

Neben Neupflanzungen in Wohnstraßen zeigt der Stadtgärtner den Agenda-Aktiven auch die Donaulände. Am wunderschön bepflanzten Hochwasserschutzwall konnten sich die Stadtgärtner gestalterisch verwirklichen: Stauden-Beete, die bis in den Herbst hinein blühen, strukturieren die Wiesen, Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen ein, und attraktiv designte Infotafeln holen unterschiedliche Bäume ins Bewusstsein. Die Tafeln sind Teile des Baumkunstweges. „Jeder Baum ist ein Kunstwerk der Natur – aber manche Exemplare sind auf die eine oder andere Art ganz besonders“ heißt es in der Routenbeschreibung. Noch nicht Teil des Weges, aber besonderer Stolz des Stadtgärtners ist ein Milchorangenbaum, der im Herbst speziell aussehende (jedoch nicht essbare) Früchte trägt, die jedenfalls wie ein kleines Kunstwerk wirken.

 

 

Was können wir von Tulln lernen?

Für die Agenda-Gruppe ist nach der Exkursion klar: Tulln wird seinem selbst proklamierten Titel der ökologischen Gartenstadt durchwegs gerecht. Der Einsatz von rein ökologischen Pflanzenschutzmitteln und biologischer Düngung sind ebenso vorbildlich wie die kontinuierliche Erweiterung des Baumbestandes durch Neupflanzungen. Bei den Beeten wird dabei auf Insektenfreundlichkeit, bei den Bäumen auf Klimaresilienz geachtet. Und mit der geplanten Umgestaltung des Nibelungenplatzes vom Parkplatz zur grünen Oase mit vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten hat sich die Tullner Politik und Bevölkerung deutlich für lebenswerte öffentliche Räume entschieden – und das in einem breiten Beteiligungsprozess – vorbildlich.

 

Dieser Blogbeitrag wurde von Johannes Brossmann vom AgendaWieden Team verfasst. Den Bericht der Agenda-Gruppe findet sich rechts zum herunterladen.