Von Plätzen, Kräften und Menschen – ein Themenspaziergang durchs Freihausviertel
Schnelle Schritte, gesenkte Köpfe, Blick aufs Handy – kein unübliches Bild von Menschen auf den Straßen der Stadt. Kennen Sie das? Sind Sie auch meist zielstrebig unterwegs – zur Arbeit oder Ärztin, zu Supermarkt oder Schule?
Ganz anders das Bild vergangenen Dienstag: eine Gruppe von rund 20 Menschen sammelt sich am Rilkeplatz zum alljährlichen Themenspaziergang der Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“ im Rahmen der Wiedner Europatage und der Mobilitätswoche.
Entschleunigt spazieren sie los, um gemeinsam von Plätzen, Kräften und berühmten EuropäerInnen des Grätzls zu erfahren. Es gibt jede Menge Zeit, um die Orte bewusst wahrzunehmen, den Blick zu heben und spannenden Erzählungen zu lauschen. Die BesucherInnen sind in besten Händen, geführt von Gruppensprecher Ewald Muzler und Energetikerin Sabine Wegenstein. „Ich lade Sie heute ein, die Energiequalitäten verschiedener Orte kennenzulernen.“ begrüßt Sabine Wegenstein die Gäste, und Ewald Muzler kündigt an, von berühmten EuropäerInnen zu erzählen, die im Freihausviertel gewirkt haben.
Mit ihren Spaziergängen schafft die Agenda-Gruppe „Begegnung im Freihausviertel“ Anlässe für Begegnungen unter NachbarInnen. Gleichzeitig will sie den Menschen mit ihren Themenspaziergängen das umweltfreundlich zu Fuß Unterwegssein schmackhaft machen. Und das Zuckerl bei dem Ganzen – die TeilnehmerInnen erfahren viel Neues über ihren Bezirk. Aber machen Sie sich selbst ein Bild:
Ausgangspunkt des Rundgangs ist der Rilkeplatz mit seinem Schutzengelbrunnen. Leider fließt das Wasser aufgrund einer Baustelle derzeit nicht. „Der Brunnen hat bei Betrieb eine angenehm beruhigende und reinigende Kraft“ erzählt Sabine Wegenstein von Ihrem früheren Eindruck des Platzes. Um den Dichter Rainer Maria Rilke, der einmal im 4. Bezirk gewohnt hat, in Erinnerung zu rufen, liest Ewald Muzler eines seiner klingenden Gedichte vor.
Nun geht es zur frühbarocken Paulanerkirche. Den Platz vor der Kirche bezeichnet Sabine Wegenstein als geistiges Zentrum der Wieden – deswegen wurde vor etlichen Jahren auch ein Kosmogramm im Boden eingelassen. Es sei ein guter Ort um sich zu sammeln, zu fokussieren und die Ganzheit aus Körper, Seele und Geist zu erleben. Herr Wilfinger, der Pfarrer der Paulanerkirche, begrüßt die SpaziergängerInnen und lädt sie ins Innere der Kirche ein. Er erzählt aus der Pfarr-Chronik – wer hätte etwa geahnt, dass die Paulanermönche kein Fleisch, aber Fisch aßen, und deshalb dort, wo der heutige Mozartplatz liegt, Fischteiche angelegt hatten.
„Wer weiß denn den Namen dieses Platzes?“ fragt Ewald Muzler zurück vor der Kirche die Gäste. Gerade mal zwei Hände gehen in die Höhe. Guter Anlass, sich den Namen des Platzes einzuprägen: Irene-Harand-Platz, benannt nach einer bedeutenden christlichen Vorkämpferin gegen Nationalsozialismus und Antisemitismus.
Nächste Station ist der Mozartplatz. Dank dem Zauberflötenbrunnen mit seinem sprudelnden Wasser ist es ein belebender Ort. Empfehlenswert für alle Menschen, die auftanken und sich mit neuer, frischer Energie aufladen möchten. Ewald Muzler stellt den kulturellen Bezug her und berichtet über Wolfgang Amadeus Mozart: seine berühmte Oper „Die Zauberflöte“ mit deutschem Text von Emmanuel Schikaneder wurde 1791 im Freihaustheater auf der Wieden uraufgeführt. Auf dem Weg zur letzten Station begegnet die Gruppe noch weiteren berühmten Persönlichkeiten: die Komponisten Richard Strauss, Christoph Willibald Gluck und Emmerich Kálmán haben im 4. Bezirk gewohnt. An deren Wohnhäusern kommt die Gruppe vorbei und entdeckt ebenfalls einen Platz, der der in Wien geborenen Schriftstellerin Vicki Baum, Autorin von „Menschen im Hotel“, gewidmet ist.
Abschließend steht noch der Kühnplatz am Programm. „Der Platz lädt zum Innehalten und Verweilen ein.“ meint Sabine Wegenstein, weil er eine sanfte, entspannende und wässrige Energie habe. Doch der Platz hat nicht immer so ausgesehen wie heute, mit seinen schattigen Bäumen und gemütlichen Bänkchen, berichtet Elisabeth Fliesser von der Agenda-Gruppe: Lange war der Platz von Autos befahren und wurde von zwei Rampen dominiert, die in eine unterirdische Garage führen und früher von NaschmarkthändlerInnen genutzt wurden.
Nach gut zwei Stunden Spazieren, Wahrnehmen und Entdecken lässt die Gruppe den Rundgang im Schildermalermuseum Samuel ausklingen. Wohlverdient, und um neue Eindrücke zum Freihausviertel reicher.